Content-Inflation durch KI

Content-Inflation durch KI

Generative KI-Systeme haben die Fähigkeit, eigenständig Inhalte zu erstellen, von Texten über Bilder bis hin zu Musik, Videos und 3D-Modellen. In diesem Artikel beschreibe ich meine Gedanken, inwiefern wir einer noch größeren Inhalts-Überflutung gegenüberstehen und wie wir als Konsumenten wohl darauf reagieren werden.

ChatGPT schreibt Blogposts, wissenschaftliche Artikel, Gedichte, Geschichten, Programmcode und mehr, und das in einer Geschwindigkeit und Menge, die kein menschlicher Autor erreichen könnte. Stable Diffusion, DALL-E und Midjourney erschaffen Kunstwerke in Sekundenschnelle, für die Künstler, Designer und Fotografen Stunden, wenn nicht sogar Tage und Wochen brauchen würden … oder eigentlich schon gebraucht haben, weil die KI-Systeme auf Basis menschlicher Arbeit trainiert wurden. Aber das mit dem Urheberrecht ist eine andere Schattenseite.

Generative künstliche Intelligenz revolutioniert die Content-Produktion, indem sie es jedem ermöglicht, sehr schnell, sehr viele Inhalte – ja sogar automatisiert Inhalte – zu erstellen. Willkommen, Content-Inflation!

Was ist Content-Inflation?

Content-Inflation bezeichnet das Phänomen, dass die Menge an verfügbaren Inhalten schneller wächst als die Fähigkeit der Menschen, ihn zu konsumieren. Dies führt zu einer Abwertung des einzelnen Inhaltsstücks, da es in der Flut an Informationen untergeht. Content-Inflation kann auch dazu führen, dass die Qualität des Contents leidet, da die Menge an verfügbarem Material den Druck erhöht, ständig neuen Content zu produzieren, oft auf Kosten der Qualität.

Über Jahre hinweg wurde es für Autoren immer einfacher, Inhalte zu erstellen und einem breiten Publikum über eine wachsende Anzahl an Kanälen zur Verfügung zu stellen – mit höherer Auflösung, aber nicht unbedingt besserer Qualität, oder? 🙂

Es wird 24/7 weltweit gepostet, geshart, gepinnt, gestreamt, gelikt, getwittert und kommentiert. Die Feeds auf YouTube, TikTok, LinkedIn, Pinterest und Instagram sind voll. Im Jahre 2019 wurden gemäß Tubefilter auf YouTube 500 Stunden Videomaterial pro Minute hochgeladen. Zahlreiche freie und kostenpflichte Tools wurden entwickelt, die Autoren bei der Inhaltserstellung unterstützen.

Und mit generativer KI wird das alles noch krasser und einfacher! …

Neben der derzeit öffentlich diskutierten generativen künstlichen Intelligenz gibt es weitere KI-System, die sich auf andere Aufgaben spezialisiert haben, aber ebenfalls in irgendeiner Art und Weise Inhalt produzieren. So übersetzen die Maschinen Texte in andere Sprachen, erzeugen und übersetzen Untertitel für Videos und verbessern die Bild- und Tonqualität. Sie wandeln mittels Spachsynthese Text in Sprache um, lesen Websites, Nachrichten und Hörbucher vor, analysieren unser Verhalten und schlagen uns auf dieser Basis neuen Content vor.

Wer soll das alles konsumieren?

Die Reaktion der Konsumenten auf Content-Inflation

Was passiert wohl, wenn Konsumenten mit weitaus mehr Content überschüttet werden, als sie je konsumieren könnten?

Um hier den Bogen zum Foodblog zu spannen: Du bist, was du isst.

Der Konsument hat durchaus die Wahl, welche Inhalte er sich servieren lässt. Wer schlechten Content nicht frisst, lässt am Ende den Content-Creator verhungern.

Ich habe zum Beispiel eine Abneigung gegen stupide Clickbaits entwickelt und ärgere mich maßlos, wenn ich doch mal darauf hereinfalle. Hier sind ein paar Beispiele für solche Clickbaits, die sich wunderbar mit KI automatisieren lassen:

  1. Dieser eine Trick wird dein Leben für immer verändern, du wirst es nicht glauben!
  2. Die geheime Methode, um in nur einer Woche 10 Kilo abzunehmen!
  3. Diese eine Sache hat das Internet im Sturm erobert – du wirst es lieben!
  4. Die unglaubliche Enthüllung: Forscher sagen, dass Schokolade gesund ist!
ChatGPT, gekürzte Fassung

Trotzdem schaffe ich es ganz gut, diese (Nicht-)Inhalte zu umgehen – in der Hoffnung, dass die Macher irgendwann eingehen.

Gebirgslandschaft im Stile von Bob Ross (Midjourney)
Gebirgslandschaft im Stile von Bob Ross (Midjourney)

KI-generierte Bilder von Midjourney sind enorm beeindruckend, keine Frage. Ich nutze selbst Midjourney zur Erstellung von Illustrationen für meine Beiträge. Aber nach dem hundertsten perfekten Hochglanz-Bild tritt zumindest bei mir ein Sättigungsgefühl ein. Es lässt mich schlichtweg kalt. Da weckt Bob Ross mit Joy of Painting mehr Emotionen in mir. Aber nicht, weil mir sein Bild gefällt.

Letztendlich gewinnt meines Erachtens im Wettrennen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten, wer den besten Content für die jeweilige Zielgruppe erstellt. Und dabei kommt es eventuell gar nicht auf die objektive Qualität des Textes, Video oder Bildes an – und ob der Inhalt nun mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt wurde oder nicht.

Autoritäten

Ein Szenario könnte deshalb sein, dass sich Konsumenten stärker an einzelne Autoritäten binden, denen sie vertrauen können oder glauben, vertrauen zu können. Diese Autoritäten können Marken, Plattformen, Unternehmen oder einzelne Personen (z. B. Autoren, Influencer, Musiker etc.) sein.

Hier spielen auch Emotionen und Glaubenssätze eine große Rolle. Beispiele:

  • Omas Eintopf schmeckt am besten – und zwar von Oma gekocht
  • Apple ist besser, iPhone ist besser, Linux ist besser, Android ist besser
  • XZY macht die beste Musik, die besten Filme

Es geht also eher darum, wer den Content liefert und nicht welchen Content. Vorteile hat natürlich, wer bereits eine Monopol-Stellung am Markt besitzt. Diese müssen sich die Content-Ersteller in der Regel erst hart erarbeitet haben.

Im Hinblick auf KI sehen wir vielleicht aber auch einen Zusammenschluss aus Autoren, die sich gänzlich gegen KI stellen, auf 100 % handgemachte Inhalte setzen und damit eine eigene Nische und Zielgruppe bedienen, sozusagen KI-Veganer.

Skepsis und Misstrauen

Dass ChatGPT und andere Text-KIs überzeugend lügen können und die Textausgaben nicht zwangsläufig auf Fakten basieren, wissen wir schon. Auch Unwahrheiten lassen sich mit den KIs überzeugend formulieren. Schon vor ChatGPT kursierten Fake News im Internet. Und zu meiner Schulzeit Anfang der 2000er hatte Wikipedia noch einen besonders schlechten Ruf unter Lehrern, dass die Informationen nicht belastbar seien. Sie mahnten zur Skepsis!

Mit der Zunahme von KI-generierten Inhalten werden Konsumenten im Internet hoffentlich mit noch mehr Misstrauen unterwegs sein. Entweder werden sie mehr Aufwand investieren, um die Inhalte zu überprüfen und zu hinterfragen. Oder aber (wahrscheinlicher) nur Inhalte ihrer „vertrauenswürdigen Quellen“ konsumieren (siehe Autoritäten oben). Natürlich mit der Erwartungshaltung, dass diese Wahrheiten publizieren und ihre eigenen Quellen geprüft haben. Vielleicht existiert in Zukunft aber auch eine Art Zertifikat für veröffentlichten Content. Ganz abgefahren dezentralisiert, mit Blockchain und so. 😉

Besonders interessant wird es dann, wenn sich mehr KI-generierte Unwahrheiten im Netz unter die Fakten mischen und es immer schwieriger wird, Inhalt zu verifizieren. Aktuell kann man bei den meisten Texten noch davon ausgehen, dass sie von Menschen geschrieben und weitestgehend geprüft worden sind. Das wird in naher Zukunft wohl nicht mehr der Fall sein.

KI-Content-Filter

Tatsächlich könnten Filter KI-generierte Inhalte aussortieren und nur Hand-Made-Content zulassen bzw. Content der Kanäle, denen die Konsumenten trauen. Aber das Wortspiel hat eine zweite Seite. Ein KI-Content-Filter könnte mittels KI Inhalte finden, die für den Verbraucher wirklich von Relevanz sind. Dahinter könnten sich auch verbesserte Empfehlungssysteme verbergen, wie wir sie jetzt schon kennen (von Amazon, Netflix, YouTube, Google Discover …). Diese bergen aber wiederum die Gefahr, dass sie der Kontrolle und Monopol-Stellung des Anbieters unterliegen.

Ein Cyborg, die ein Buch in einer alten Bückerei liest
Ein Cyborg liest ein Buch (Midjourney)

Aktuell erscheinen immer mehr Arbeiten, die sich damit beschäftigen, wie KI-generierte Inhalte enttarnt werden können. Ein Produkt zur Erkennung von KI-Inhalten auf dem Markt ist z. B. Orginality.AI. Ich kann mir vorstellen, dass Suchmaschinen und Empfehlungssysteme in Zukunft Inhalte nach unten ranken, die gänzlich oder größtenteils automatisch generiert worden sind. Suchmaschinen versuchen bereits, nützliche und natürliche Texte höher zu ranken. Das sind Texte, die nicht übermäßig für Suchmaschinen optimiert worden sind und deshalb nicht besonders viele Keywords und Keyword-Floskeln beinhalten. Hier ein Beispiel für einen langweiligen, inhaltslosen, KI-generierten Text, der so getrimmt wurde, dass möglichst viele Suchanfragen bei Google zutreffen:

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ChatGPT über Pizzabacken, gekürzte Fassung

Aktuell straft Google noch keine KI-generierten Inhalte ab, solange sie für Leser nützlich sind und bestimmten Regeln folgen (E‑E‑A‑T: Experience, Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness). Siehe hier Googles Leitfaden zu KI-Inhalten. Das heißt, dass Autoren KI nicht stupide dazu verwenden sollten, massenweise Inhalte zu generieren, sondern dazu, ihre Inhalte möglichst gut und hilfreich zu machen.

Deine Meinung?

Künstliche Intelligenz kann dazu verwendet werden, Inhalte in höherer Qualität zu erstellen. Wenn die Werkzeuge kreativ und verantwortungsvoll eingesetzt werden, können sowohl Autoren als auch Konsumenten profitieren. Allerdings bergen die neuen Möglichkeiten auch Gefahren, nämlich dass uns noch mehr sinnfreie Inhalte in größerer Masse überschwemmen. Aber auch hier haben Konsumenten große Macht gegenüber den Content-Erstellern, nämlich indem sie lernen, schlechte Inhalte zu identifizieren und zu meiden. Gegebenenfalls sogar mithilfe von KI-gestützten Werkzeugen.

  • Wie sind deine Erfahrungen? Verwendest du bereits Tools (mal abgesehen von Adblockern), um Inhalte zu filtern oder zu verifizieren?
  • Hast du Strategien entwickelt, um Clickbaits und schlechten Inhalten aus dem Weg zu gehen?
  • Hast du bereits KI-generierte Inhalte auf Webseiten identifiziert? Wie war deine Reaktion darauf?

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