Pizzateig: Wie lange sollte er gehen?

Pizzateig: Wie lange sollte er gehen?

Um den perfekten Pizzateig ranken sich Mythen. Optimale Hydration, fein abgestimmte Hefe-Menge, handgeschöpftes Meersalz, ausbalancierte Temperatur und Raumfeuchtigkeit, Mondphase und akrobatische Knettechnik … und dann exakt 85.366.142 Millisekunden gehen lassen.

Scherz beiseite, so kompliziert ist es nicht! … aber ganz einfach ist es auch nicht.

Ich gebe dir in diesem Beitrag ein paar Tipps, wie du die optimale Ruhezeit für deinen selbstgemachten Pizzateig findest – anhand von zwei „Extrem-Szenarien“. Der Sweet Spot, der ideale Punkt, für deinen Teig liegt irgendwo dazwischen.

In Kürze:

  • Menge der Hefe und Temperatur entscheidet
  • Schneller Teig: Viel Hefe, höhere Temperatur beim Gehen (ca. 30–35° C)
  • Langsamer Teig: Wenig Hefe, niedrige Temperatur beim Gehen (Kühlschrank, ca. 4° C)

Schneller Pizzateig für Eilige

Auch ein schneller Pizzateig kann zu einer tollen Pizza werden, aber zumindest 45–60 Minuten solltest du mitbringen und keine optimalen Ergebnisse erwarten.

  • Hefe arbeitet am effizientesten bei 32-38° C, schaffe ihr also ein optimales Wohlfühl-Arbeitsklima für den schnellen Teig, z.B. abgedeckt im Ofen (mit Auftaufunktion bei 30° C oder kurz bis 50° C aufheizen und dann abschalten)
  • Hefe liebt Zucker. Rühre die Hefe z. B. mit etwas Zucker in lauwarmen Wasser an, um sie für eine schnellere Arbeit zu motivieren.
  • Verwende mehr und möglichst frische „frische Hefe“ für einen schnellen Pizzateig, z.B. halber Würfel (21 g) für 500 g Mehl.
  • Lasse den Teig dennoch zweimal gehen: zuerst als ganze Kugel (ca. 30–45 Minuten), forme dann Teiglinge und lasse diese nochmal 15 Minuten gehen.

Was kannst du von einem schnellen Pizzateig erwarten?

  • weniger Aroma
  • schlechtere Elastizität
  • feinporigere, dichtere Krume
  • schlechtere Verdaulichkeit / Verträglichkeit

Langsamer Pizzateig für Entspannte

Definitiv die Variante, die ich favorisiere 😉

  • Bereite den Teig am Vortag zu und lasse ihn über Nacht im Kühlschrank abgedeckt ruhen, Pi-mal-Daumen 24h bei 4° C
  • Optional mit Autolyse: Mische zunächst nur Mehl und Wasser (ohne Hefe und Salz), lasse die Mischung bereits eine Stunde ruhen, bevor du Hefe und Salz hinfügst und den Teig ordentlich knetest
  • Reduziere die Hefe-Menge, 3 g frische Hefe auf 500 g Mehl reichen locker. Tipp: es gibt Rechner für Pizzateig online!
  • Forme den Teig zu Teiglingen und spendiere nochmal 1-2h zum Aufwärmen bei Raumtemperatur

Was kannst du von einem langsamen Pizzateig erwarten?

  • mehr Aroma
  • bessere Elastizität (Vorsicht: übergangener Teig kann auch an Stabilität verlieren)
  • lockere, großporige Krume
  • bessere Verdaulichkeit / Verträglichkeit

Ich bereite meist 2 kg Teig vor. Die Menge ist optimal für eine große IKEA Koncis Form. Abgedeckt mit einem Backblech, passt sie genau in meinen Kühlschrank. Aus den 2 kg Teig forme ich 6 Teiglinge mit ca. 330 g Gewicht. Diese Größe hat sich als optimal für meinen Pizzaofen herausgestellt.

Warum macht die Ruhezeit einen Unterschied?

Bei einer langen Teigführung, wie z. B. 24 Stunden (oder mehr) im Kühlschrank, passieren mehrere chemische und biochemische Prozesse, die den Teig und das spätere Backergebnis beeinflussen.

Die Hefe vergärt die im Mehl enthaltenen Zucker zu Kohlendioxid (CO₂) und Ethanol. Kohlendioxid lockert den Teig, indem es Gasblasen bildet. Diese gehen beim Backen auf. Ethanol verleiht dem Teig Aroma und verdampft größtenteils beim Backen. Bei einer langen, kühlen Teigführung läuft dieser Prozess langsamer ab. Das führt zu einer gleichmäßigeren Gasbildung und besseren Teigstruktur.

Neben der alkoholischen Gärung durch Hefe können auch Milchsäurebakterien aktiv werden, insbesondere bei längerer Ruhezeit (und ggf. Zugabe von etwas Sauerteig als Starter). Sie vergären Zucker zu Milchsäure und Essigsäure. Damit sorgen sie für ein komplexeres Aroma.

Zusätzlich entstehen während der langen Ruhezeit durch die Aktivität der Hefen und Bakterien flüchtige Verbindungen wie Ester, Aldehyde und Ketone, die das Aroma des Teigs bereichern. Ester beispielsweise sind für fruchtige und blumige Noten verantwortlich und können besonders bei längeren Fermentationszeiten entstehen.

Es ist also vollkommen normal, wenn der Teig nach langer Ruhezeit nicht nur etwas alkoholisch, sondern auch säuerlich riecht.

Die Proteine des Mehls bilden ferner das Glutennetzwerk, welches für die Elastizität und Stabilität des Teigs sorgt. Während der Ruhezeit entspannt sich dieses Netzwerk. Dadurch wird der Teig dehnbarer und geschmeidiger. Wenn der Teig aber zu lange ruht (z. B. bei einer Überfermentation), können Säuren oder enzymatische Prozesse dieses Netzwerk jedoch auch schwächen.

Während der Ruhezeit eines Hefeteigs können FODMAPs (fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole) abgebaut werden. Dies macht den Teig für Menschen mit FODMAP-Intoleranz oder Reizdarmsyndrom oft besser verträglich.

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Takeaways

  • Hefe und Temperatur entscheiden: Viel Hefe und hohe Temperatur für schnellen Teig, wenig Hefe und niedrige Temperatur (z. B. Kühlschrank) für langsamen Teig.
  • Schneller Teig (45–60 Minuten): Praktisch bei Zeitmangel, jedoch weniger Aroma, schlechtere Elastizität, feinporigere Krume. Warmes Klima beim Gehen (ca. 35° C) und mehr Hefe (ca. 20g pr 500 g Mehl)
  • Langsamer Teig (24+ Stunden): Liefert besseres Aroma, lockere Krume, bessere Elastizität und Verträglichkeit. Längerer Kühlschrankruhe und wenig Hefe (ca. 3 g pro 500 g Mehl).
  • Lange Ruhezeiten verbessern den Teig: Lange Ruhezeiten fördern gleichmäßige Gasbildung, komplexes Aroma und Abbau von FODMAPs für bessere Verträglichkeit.


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